Einführung eines außerinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens

Die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz, im Folgenden Restrukturierungsrichtlinie) soll die Sanierungskultur in Europa weiter vorantreiben. Dazu hat der Gesetzgeber diese bis zum 17. Juli 2021 ins nationale Recht umzusetzen. Am 18. September 2020 hat das BMJV den lang erwarteten Referentenentwurf zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie veröffentlicht. Hierdurch wird vor allem die Sanierung eines Unternehmens möglich, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen.

Dafür soll ein neues Gesetz, das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), geschaffen sowie entsprechende Anpassungen in betroffenen Gesetzen, wie der InsO, der ZPO, den Gebühren- und Kostengesetzen und weiteren eingepflegt werden. Die nachfolgenden Punkte sollen das – aus drei Teilen bestehende und neu zu schaffende – StaRUG näher beleuchten.

 

Instrumente des Restrukturierungsplans

Herzstück der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie ist ein – der Insolvenz vorgelagertes – Verfahren, das präventive Restrukturierungsverfahren (§§ 7 ff. StaRUG-E). Dieses soll Unternehmen und unternehmerisch tätigen Personen ab dem Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 18 InsO zur Verfügung stehen. Hierbei sollen anhand der Instrumente, die weitgehend aus dem Insolvenzplan bekannt sind, Einigungen hinsichtlich bestehender Schuldverhältnisse zwischen dem Schuldner und den Gläubigern erzielt werden. Es stehen zum Beispiel die Kündigung von noch nicht erfüllten Schuldverhältnissen, das Aussetzen von Vollstreckungs- und Verwertungsmaßnahmen sowie das Umwandeln von Forderungen in Gesellschaftsanteile zur Verfügung. Letztlich soll die Insolvenz des zu restrukturierenden Unternehmens vermieden und so Arbeitsplätze und Steuerquellen erhalten bleiben. Auch die mit dem Makel der „Insolvenz“ einhergehende Brandmarkung des Unternehmens soll durch diese außerinsolvenzliche Sanierung verhindert werden.

Wie im Insolvenzplan, so sind auch im Restrukturierungsplan die Betroffenen (Gläubiger) in verschiedene Gruppen einzuteilen. Grundsätzlich sind sämtliche Forderungen restrukturierbar. Wichtigste Ausnahmen sind jedoch Lohn- / Gehaltsforderungen sowie vereinbarte Forderungen aus betrieblicher Altersvorsorge. Ebenso sind Forderungen aus unerlaubten Handlungen sowie Geldstrafen nicht restrukturierbar. Zur Erleichterung der Einhaltung der Planvorgaben wird das BMJV eine Checkliste zur Verfügung stellen.

Nach Erstellung des Restrukturierungsplans ist dieser den betroffenen Gläubiger-Gruppen vorzulegen. Diese haben sodann über die Annahme des Plans abzustimmen. Ein Plan gilt in einer Gruppe als angenommen, wenn mindestens drei Viertel der Stimmberechtigten dem Plan zustimmen. Der Plan muss grundsätzlich von allen Gruppen angenommen werden. Unter Umständen gilt ein Plan auch dann als angenommen, wenn einige Gläubiger-Gruppen ausscheren.

 

Sanierungsbeauftragter/-moderator

Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten ist nur in gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmesituationen notwendig, ansonsten auf Antrag des Schuldners oder ein Viertel der Gläubiger (§§ 77 ff. StaRUG-E)

Unabhängig vom Gebrauch der Sanierungsinstrumente steht für Unternehmen die Möglichkeit der gerichtlichen Bestellung eines Sanierungsmoderators zur Verfügung (§§ 95 ff. StaRUG-E). Der Sanierungsmoderator vermittelt zwischen dem Schuldner und dessen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. Diese Möglichkeit ist vor allem für Kleinst- und kleine Unternehmen ratsam, die sich eine Beratung und Unterstützung durch professionelle Sanierungsberater zur Herbeiführung einer freien Sanierung nicht leisten können, aber auf Unterstützung von dritter Seite angewiesen sind.

Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungsmaßnahme ruht die Insolvenzantragspflicht für die grundsätzlich zur Insolvenzantragsstellung verpflichteten Geschäftsleiter. Sie haben die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung dennoch ohne schuldhaftes Zögern beim Restrukturierungsgericht anzuzeigen. (§ 42 StaRUG-E).

 

Zusammenfassung

Zusammenfassend wird mit der Einführung eines außerinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens die deutsche Sanierungskultur gestärkt und Unternehmen die Chance gegeben, sich neben den bisher schon eingesetzten Sanierungstools weiterer Tools zu bedienen, ohne dass gerichtliche Insolvenzverfahren durchlaufen werden müssten.

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